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Montag, 20. Januar 2014

Die Phom Penh Hash Hour Harriers - call it "The Hash"


Nachdem ich mich drei Wochen mit südostasiantischen Spezialitäten und anderem fantastischen Essen gemästet habe, wird es mal wieder Zeit für einen kleinen Lauf.
Aber wo? Mitten in der Stadt nicht dran zu denken. Bei meiner Recherche in Bangkok bin ich damals schon auf eine Gruppe gestoßen, die sich "Hash House Harriers" nennt, oder auch "The Hash". Eine Art offener Lauftreff mit anschließendem gemeinsamen Essen, dachte ich. Prima! Leider war ich nie zum richtigen Datum am richtigen Platz. Diesmal sollte es klappen. Als ich samstagabend die Homepage checke, stelle ich fest, dass ich schon am nächsten Tag ein Hasher werden könnte.
Ganz genau weiß ich nicht, was mich da erwartet, denn sie schreiben auf der Homepage, dass sie Ablauf und Regeln nicht verraten könnten, weil sie einen dann töten müssten. Klingt ja erstmal ganz nach meinem Geschmack. Also bestelle ich mir ein Tuk Tuk und lasse mich an der Trainstation absetzen, wo sich die Gruppe jeden Sonntag um 14 Uhr trifft. Und da stehen schon die ersten. Eine unhomogene Gruppe. Drei Männer um die 50 (England, Kananda, Italien), eine Australierin, eine Amerikanerin, Ein Pärchen, dass zur Zeit hier lebt (Österreich/Australien), ein paar junge kambodschanische Frauen und Männer, ein englisches Paar um die 50 und ein junger Mann aus Tansania.



Nach und nach trudeln weitere Menschen ein und irgendwann beschließt jemand, dass es Zeit ist und man kann sich registrieren. Man zahlt 5 $ für Organisation und Drinks und ab gehts auf den Truck. Etwa 35 Menschen stolpern über eine kleine Leiter auf die Ladefläche eines klapprigen Trucks. Auf diese Dinger quetschen sich in der Regel nur die Locals. Die sehen das genauso und lachen uns nach Strich und Faden aus, als wir durch ihre Straßen düsen. Es dauert fast eine Stunde, bis wir die Stadt hinter uns gelassen haben, denn am Standtrand herrscht katastrophales Verkehrschaos. Ich habe Angst, dass die Menschen wegen uns Unfälle bauen, weil sie nicht mehr auf die Straße gucken, sondern uns wie Zootiere angaffen. Ich finde, sie übertreiben.

Während der Fahrt kann ich zwei neue Informationen erhaschen. Es wird wohl eine Gruppe geben, die geht und eine die läuft. Ich werde natürlich Laufen. Jemand (natürlich ein Deutscher) sagt, wir hätten nicht verstanden worum es hier gehen würde. Hier ginge es nicht ums Laufen, hier gehe es um Bier. Achso, denke ich. Er wird wohl in der Walk-Gruppe sein. Außerdem erfahre ich, dass es vermutlich und höchstens ein 10 k-Lauf werden wird und dass bei halber Strecke der Truck warten wird. Der fungiert dann je nach gusto als Wasserstation, als Rettungsstation (wer die zweite Hälfte schwänzen will) oder auch als Bierstation (wohl eher ein Angebot an die Walker...).



Am Ziel kullern wir dann alle aus dem Truck. Auf dem Basketballplatz einer Schule gibt es eine kleine Einführung für die "Virgins". Ich verstehe kein Wort. Alle laufen los, ich hinterher. Am Rande der Laufstrecke tauchen Zeichen auf, deren Bedeutung eben geklärt wurde. Ich hab ja nichts gerafft, deswegen lauf ich einfach hinterher oder steh rum, wenns die anderen tun. Nach und nach werden mir die Regeln nochmal erklärt und ich verstehe es tatsächlich. An den meisten Stellen an denen der Weg einem mehrere Möglichkeiten lässt, wie zum Beispiel Kreuzungen oder Weggabelungen, findet sich ein weißer Kreidekreis auf dem Boden. Die vorderen, schnelleren Läufer checken dann alle in Frage kommenden Wege. Nur einer führt weiter. Die anderen beiden Wege sind Sackgassen und werden nach einer gewissen Strecke mit einem Kreuz markiert. Der Erkunder schreit dann laut on-back und muss die Strecke leider wieder zurück. Dadurch kommen die starken Läufer am Ende auf wesentlich mehr Kilometer als die schwächeren Läufer. Dazu ergibt sich der Effekt, dass die Sprinter so immer wieder im hinteren Feld landen und die Gruppe beieinander bleibt. Hat ein Erkunder den richtigen Weg gefunden (dafür muss er an drei weißen Punkten vorbeigelaufen sein, die etwa im Abstand von 50 m auf dem Boden zu finden sind) ruft er On-on und die Gruppe prescht hinterher (Falls das hier irgendein Hasher liest und grobe Mängel am Regelwerk erkennt, bitte korrigiert mich.).



Die Strecke ist großartig. Über Felder, über Trampelpfade, mitten durchs Dorf, dann mal wieder Staubpiste. Halb Laufen, halb Trekking - wirklich richtig herrlich. Die Locals, vor allem die Kinder flippen total aus. Von Null auf HALLOHALLOHALLLOOOOOOO in weniger als 4 Sekunden. Alles unter zehn feiert uns ab. Alles über zehn lacht uns aus, laut und von Herzen. Sie halten uns für bescheuert, weil wir mitten in der Nachmittagshitze durch ihr Dorf hetzen und irgendwie haben sie ja auch recht. Die meisten verstehen glaub ich auch generell nicht den Sinn von Sport. Die jüngeren Khmer Jungs und Mädels fragen "Where are you going?" Sie wollen ihr Englisch ausprobieren. "We don´t know..." müssen wir wahrheitsgemäß antworten, weil wir wieder an einem der Kreise stehen und auf die Späher warten. Die kleinen Pausen tun gut, denn es ist sicher 30 Grad heiß und das Laufen zehrt. Hier und da laufen uns die Kinder hinterher. Im Schlafanzug natürlich. Nach fünf Kilometern bin ich schon ganz schön alle. Seit beginn meiner Reise haben meine Beine mich nicht mehr schneller als 5 kmh tragen müssen, das macht sich jetzt bemerkbar. Mein Wasser war gefühlt schon nach 300 Metern alle und ich würde so gerne die Flasche loswerden. Mülleimer gibt es nirgends, weil ja alle den Müll auf die Straße schmeißen. Oder in Kartons, die sie dann später auf die Straße schmeißen. Könnte ich auch machen, kann ich aber natürlich nicht. Nach etwa 7 Kilometern wird die Gruppe etwas unruhig. Der Truck soll auf halber Strecke warten, nach meiner Rechnung ergibt das, wenn wir schon 7 km gelaufen sind und der Truck immer noch nicht in Sicht ist: Mindestens noch hundert Kilometer laufen!! Panik!



Gottseidank taucht er dann nach einer Brücke endlich auf und es gibt das ersehnte Wasser und die dringend benötigte Pause. Hier treffen wir auch mit den Walkern zusammen, die ab jetzt auf dem Truck mitfahren. Wer noch Energie hat, kann den restlichen Weg laufen, noch 5km. Ich verpasse den Aufbruch und bin kurz darauf auch gar nicht traurig drum. Ich merke, dass es genug war und steige mit den anderen auf den Truck, der uns zum gemeinsamen Treffpunkt bringt. Casey beschließt, dass jetzt die Bierzeit anfängt. Das finde ich auch. Unsere Rufe werden erhört und aus den Kühltruhen wandern zwei Dosen "Cambodia" durch die Menge. Prost!



Zurück auf dem Schulhof werden wir in einen Kreis gerufen. "Bring the Ice" brüllt einer der Orgas und es werden zwei Eisblöcke in die Mitte des Kreises geschleppt. "Are there any Virgins? Come into the circle!" Damit sind all die gemeint, die noch nie bei einem Hash mitgemacht haben. Ich muss in den Kreis. "Was passiert da jetzt?", frage ich Casey. Sie sagt es mir nicht.



Und euch kann ich es leider auch nicht sagen. Sonst müsste ich euch töten.


Samstag, 18. Januar 2014

Von Siem Reap nach Phnom Penh



"Der Bus fährt um 8:30 Uhr ab, das heißt du musst um 7:30 Uhr abfahrbereit sein," klärt mich Frank, mein Gastgeber in Siem Reap auf. Ich soll mit einem Minivan zum großen Bus gebracht werden, aber der kann mich entweder als erstes oder auch als letztes oder aber auch irgendwo in der Mitte einsammeln. Er holt mich als letztes ab... Denke ich zumindest, denn als der Minivan vorfährt ist dieser voll. Übervoll. Ich öffne die Tür und quetsche einfach mal die drei Jungs, die die vordere Bank besetzen, auf ein Drittel ihres Ursprungsvolumens zusammen und machs mir bequem. Mit ner halben Arschbacke auf dem Polster, mit der anderen auf dem unverschiebbaren Plastikding, wo der Sicherheitsgurt reingehört (den es natürlich nicht gibt). Der Fahrer schaut uns entschuldigend an und rattert sein Mantra runter: "Just five minute drive. Big bus. Just five minute. Big bus."



Mir fällt ein Beat dazu ein und ich hab Bock einen Track zu produzieren. Der könnte dann mit auf meine Kambodscha-Compilation auf der auch noch folgende Songs erscheinen:
1. Hey Lady, Tuk Tuk, Lady?
2. Wanna buy something, Lady?
3. Massage, massaaage, one dollar, Lady?
4. Want necklace? make you very good price!
Dazu wünsche ich mir agressive Dup Step-Ausraster. Müsste vielleicht mal Skrillex oder Aphex Twin anfragen.
Noch bevor die fünf Minuten um sind, halten wir vor einem weiteren Hotel und müssen noch zwei Mädels einladen. Von uns ist keiner erst seit gestern in Asien unterwegs, deswegen stapelt die Busgemeinschaft gekonnt die Rucksäcke auf Schultern, Schöße, Köpfe und die Mädchen setzen sich übereinander auf einen halben Sitz. Weiter gehts... Nämlich genau 100 Meter. Der Busfahrer hat mit aller Ruhe gewartet bis wir den ganzen Bus umstrukturiert haben um dann noch genau 10 Sekunden zu fahren. Beim Aussteigen stellen wir alle fest, des jeder Einzelne im Bus im Fußwegumkreis der Bushaltestelle gewohnt hat. Für nen 8 $ Bus ziemlich ambitioniert uns trotzdem abzuholen.

Der Bus ist schäbig. Nicht mein erster asiatischer Reisebus, aber mein erster kambodschanischer. Die Sitzflächen auf meinem reservierten Sitzplatz sind unbezogen, also bestehen nur aus gelbem Schaumstoff, der dazu noch aufgeplatzt ist. Das ist ja nun so schon gar nicht mal so schön, aber mit den Krümeln in den Kratern meines Schaumstoffes und der leichten Feuchtigkeit des Sitzes, wird es auch nicht schöner. Macht aber gar nichts, merken mein Sitznachbar und ich schnell, denn die Sitze sind keineswegs in irgendeiner Form befestigt. Wir schnappen uns die Dinger und tauschen sie einfach mit zwei nicht ganz so ekligen Exemplaren und ab geht die Post. Später wird der Bus noch mit Locals aufgefüllt, also kriegt leider jemand unsere ausrangierten Sitze ab. Aber die sinds auch nicht anders gewöhnt. Isso.

Die Fahrt war dann überraschenderweise nicht doppelt so lang wie angesetzt und hat etwa 7 Stunden gedauert. Die Straße nach Phom Penh ist für kambodschanische Verhältnisse sicher gar nicht so schlecht. In den meisten anderen Ländern, würde sie allerdings nicht mal als Straße deklariert werden. Unser Bus ist eine ganz schöne Schüttelkiste und die losen Sitze sorgen dafür, dass die sieben Stunden zu einem recht anstrengenden Bauch-Beine-Po-Training mutieren.



Langweile kommt während der Fahrt aber auch aus einem anderen Grund nicht auf. An der großen Straße, die die beiden Touristenzentren verbindet, ist eine ganze Menge los. Mal sind es Reisfelder und Bauern, Volleyball spielende Schüler, Family Life in den Vorhöfen der Häuser (und an und bei auch in den Vorhöfen der Hölle, einige der Vorgärten versinken regelrecht in Müll, verklebtverkletteten Hunden und Katzen). Hauptsächlich überwiegen aber die schönen Bilder von spielenden Kindern und idyllischen Dörfern. Gefühlt tragen etwa 85 Prozent der Frauen und Kinder, die ich sehe Schlafanzüge. Der Jogger des Khmers.



Am meisten gibt es bei der Einfahrt in Phnom Penh zu sehen. Die Ausläufer bieten so viel Spektakel, dass ich mir gerne ein Fahrrad mieten und dort noch einmal langfahren würde um in Ruhe zu gucken. Viele Dinge verstehe ich auch gar nicht so schnell. Weil das, was die Leute da am Straßenrand machen, ergibt nicht immer sofort einen Sinn. Leider müsste ich eine Fahrradfahrt hier mit dem Leben bezahlen und deswegen fällt der Spaß mit dem Zurückfahren aus. Vor allem eindrucksvoll fand ich die achthundertsiebenundzwanzigtausend Motorräder, die auf angebauten Ladeflächen bis zu dreißig Menschen aus der Stadt gekarrt haben. Am Stadtrand gibt es so einige große Fabriken in denen die Menschen aus den umliegenden Gegenden leben und dahin zu Feierabend anscheinend gern zurück möchten. Der Verkehr nach Dienstschluss ist Wahnsinn.



Trotzdem haben wir es irgendwann in den Kern der Stadt geschafft. Als ich aus dem Bus steige, hör ich im Geiste meinen Beat, als 20 Jungs auf mich zueilen und im Kanon die Hookline geben: "Tuk Tuk, Lady, Tuk Tuk, need Tuk Tuk, Lady? Tuk Tuk."